Rudolf Polanszky, Text: Alexandra Markl
Market leader
Rudolf Polanszky hat es „geschafft“: Im Juni 2019 wurde im Auktionshaus im Kinsky mit einem Preis von 126.000 € (Hammerpreis 100.000 €) ein Weltrekord für eines seiner Werke erzielt. Im März 2020 eröffnete eine Solo-Ausstellung bei der New Yorker Gagosian Gallery. Auch wenn die Show, bedingt durch Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus, frühzeitig geschlossen wurde, so ist noch ein Video davon im Netz zu sehen, das eindrucksvoll die Stärke der Werke des Künstlers präsentiert.
Die Nachfrage nach seinen Werken wird jedenfalls nicht abnehmen – im Gegenteil! Das Auktionshaus im Kinsky ist jedenfalls Markführer bei Polanszkys Arbeiten, denn die sechs besten Preise (zwischen Kaufpreisen von 126.000 € und 32.000 €) wurden hier erzielt.
Ich wollte eine zweite Ebene des Erlebens.
Rudolf Polanszky*
(Wien 1951 geb.)
Arbeit Nr. 8, Rorschach-Transformationen, 2010
Acrylglas, Aluminium, Spiegelfolie, Silikon, Harz auf Leinwand; gerahmt; 124 x 140 cm Rückseitig signiert und datiert: Polanszky 2010 Provenienz
Privatbesitz, Wien
Rudolf Polanszky wurde 1951 in Wien geboren und machte sich erstmals in den 1970er-Jahren, in der Nachfolge der Wiener Aktionisten, einen Namen. Wie diese experimentiert er mit verschiedenen Flüssigkeiten, wie etwa in seinen „Schweinsfettbildern“ 1976.
Dann drehte er kleine satirische Filme wie etwa seine „Semiologie der Sinne“ 1978. Einen handbemalten Super-8-Film, in dem er an einem Tisch sitzt und sich langsam völlig betrinkt.
Rudolf Polanszky, Semiology of Senses, 1976, Super 8 transferred to video, 15 minutes 27 seconds. Foto: artforum.com
Heute sagt er dazu:
Ich wollte sehen, was los ist, wenn ich mich verändere. Es war nicht zum Herzeigen gedacht, ich wollte das einfach sehen, es hat mir Spaß gemacht. Ich wollte eine zweite Ebene des Erlebens.
(Rudolf Polanszky in Rudolf Polanszky Transaggregate, Video von Cast your art für Galerie Konzett)
Zu seinen weiteren performativen Arbeiten zählen die „Sprungfedernzeichnungen“ in den 1980er-Jahren. Da hüpfte er auf einer großen Metallfeder durch einen papierbezogenen Raum, in jeder Hand einen Pinsel, die graphische Spuren seiner unkontrollierten Bewegungen hinterlassen.
Rudolf Polanszky*
(Wien 1951 geb.)
o.T., 1986
Mischtechnik auf Leinwand; gerahmt; 180 x 133,5 cm Rückseitig signiert und datiert: Polanszky 86
Provenienz
Privatbesitz, Wien
Polanszky ging es also auch damals schon um eine Art Kontrollverlust. Darum, eine bewusste künstlerische Strategie mit Zufall zu kombinieren, um daraus neue Bedeutung zu schöpfen. Das Vermeiden einer konstruierten Ästhetik durch das Prinzip des Zufälligen bleibt im Laufe seiner künstlerischen Entwicklung eine Konstante, die er immer wieder aufgreift.
Denn die Beschäftigung mit Ideenvorstellungen der Mathematik, der Erkenntnistheorie und der Philosophie führte ihn zu eigenen Überlegungen: Nämlich wie man festgefahrene Vorstellungen davon, wie etwas auszusehen hat, umgeht.
Rudolf Polanszky*
(Wien 1951 geb.)
o.T., 1983
Öl auf Leinwand; gerahmt; 119 x 145 cm Rückseitig signiert und datiert: Polanszky 83 Provenienz
Privatbesitz, Wien
„Die Ad-Hoc-Synthese“
So auch in den „Reconstruction“-Bildern, die er seit den 1990er-Jahren schafft.
Ich wollte den Einfluss der bewussten Vorstellung ausschalten. Die Kunst von mir hängt damit zusammen, diese Dinge aufzubrechen. Ich habe das die Ad-hoc-Synthese genannt.
Rudolf Polanszky in Rudolf Polanszky Transaggregate, Video von Cast your art für Galerie Konzett
So erzeugt Polanszky aus vorhandenen Materialien „ad-hoc“ aufgrund einer Idee eine neue Struktur. Er sammelt Materialien, die er zuerst gar nicht benötigt, wie Plexiglas, Metall, Spiegelfolie, Kunstharz, Draht oder Schaumstoff, setzt sie der Witterung oder dem Gebrauch aus, vergisst und findet sie wieder. Nie werden die Materialien in der Absicht bearbeitet, einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Im Gegenteil, sie sollen von jeder Nützlichkeit befreit werden. Denn es ist eben ihre bedeutungslose und rein zufällige Verwendung, die eine eigene Aura für den Künstler schafft. So kombiniert er die Elemente immer wieder neu.
Der Künstler und der Kunstmarkt
Was ihm gefällt, will dieser Künstler keinesfalls wiederholen.
Wofür es gut ist? Für gar nichts. Ist doch schön: Wenn es für gar nichts gut wäre und trotzdem bliebe. Das wäre die Lösung überhaupt. Irgendetwas völlig Wertloses für ewig.
Rudolf Polanszky in Rudolf Polanszky Transaggregate, Video von Cast your art für Galerie Konzett
Auch damit entzieht sich der Künstler den üblichen Marktmechanismen. „Es zeichnet Polanszky aus, dass er vor allem am objektivierenden, erkenntnisorientierten Gespräch mit sich selbst, an der Analyse seiner Empfindungen interessiert ist, und nicht auf das konforme System des Marktes schielt.“ (Benedikt Ledebur, hyperbolische Räume, Benedikt Ledebur zur Ausstelllung 2010 in Katalog zur Ausstellung Rudolf Polanszky – retrospektiv, ©2018 Konzett Galerie, Wien).
Rudolf Polanszky*
(Wien 1951 geb.)
o.T., 2005
Mischtechnik auf Leinwand; ungerahmt; 160 x 241 cm Rückseitig signiert und datiert: Polanszky 05
Provenienz
Privatbesitz, Wien
Diese Aufrichtigkeit im Werk des Künstlers wird mehr und mehr erkannt und geschätzt, wird zum Wert an sich und hebt sein Schaffen auf eine zweite Ebene. Darum erreicht Polanszky in den letzten Jahren Spitzenpreise. Er wird nicht nur in New York gezeigt, sondern hatte bereits 2018 in der Wiener Secession eine Einzelausstellung, und seine Werke finden sich in den Sammlungen des Belvedere Wien und des Rubell Museums, Miami.
Rudolf Polanszky*
(Wien 1951 geb.)
o.T., 2005
Mischtechnik auf Leinwand; ungerahmt; 170 x 140 cm Rückseitig signiert und datiert: Polanszky 04
Provenienz
Privatbesitz, Wien
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