In Shanghai erwächst derzeit unter dem Namen Solar Trees Marketplace ein Wald aus künstlichen und echten Bäumen, entworfen von Koichi Takada Architects. Und mittendrinn wird Sonnenstrom geerntet.
Die Markthalle in Rotterdam ist aus architektonischer Sicht ein wirklich beeindruckendes Bauwerk. Einzigartig an dieser komplett überdachten Halle ist vor allem, dass sie nicht nur eine Mischung aus Markt, Einkaufsläden, Gaststättengewerben und Parkplätzen ist. Hier kann man sogar wohnen!
Grünflächen statt Betonwüsten
Doch eigentlich widerspricht der erst 2014 fertiggestellte Bau den heutigen Bedürfnissen der Städte. Statt großflächig zu versiegeln, versucht man vor allem in Europa in der Regel Grün- und Freiflächen zu schaffen. Um die Betonwüsten abzukühlen. Um die Lebensqualität zu erhöhen.
China zeigt, wie es gehen kann
Wie man irgendwie beides gleichzeitig aus dem Boden stampfen kann, stellt derzeit just die Volksrepublik China unter Beweis. In der Millionenmetropole Shanghai wird gerade an einer Markthalle gebaut, die in Wahrheit gar keine Halle ist. Aber eben auch kein reines Freiluftgehege. Tatsächlich ist es den zuständigen Architekten gelungen, eine clevere Hybridlösung zu entwickeln. Eine, die – im Idealfall – alle glücklich macht.
Allen voran sollte die Sache aber natürlich den Regierenden im Land des Lächelns ein solches ins Gesicht zaubern. Denn auch China hat sich ein Klimaziel gesteckt. Tatsächlich verpflichtet sich das 1,5-Milliarden-Menschen-Land dazu, bis ins Jahr 2060 kohlenstoffneutral zu werden. Zum Vergleich: In Europa will man dieses Ziel bis 2050 erreichen.
Wir wollen die Gebäude im Bezirk vermenschlichen. Wir wollen die Öffentlichkeit stärker einbeziehen und zur Regeneration der Gemeinden und ihrer Nachbarschaften beitragen. Wir wollen, dass die Architektur die kulturelle Identität zelebriert und gleichzeitig eine begehbare und lebenswerte Stadt fördert.
Koichi Takada
Biohiler Solar Trees Marketplace
Jedenfalls stand die Ausschreibung für die 7.500 Quadratmeter große Markthalle in Shanghais Minhang-Bezirk ganz unter dem Aspekt, einen möglichst geringen CO2-Fußabdruck sollten die Planer möglich machen. Sowohl beim Bau als auch im späteren Betrieb. Also haben Koichi Takada Architects aus Australien einen „biophilen Marktplatz“ entwickelt. So bezechnen sie ihren offiziell Solar Trees Marketplace getauften Wurf jedenfalls selbst. Ein Bauwerk, bei dem sich die Planer von Shanghais Wäldern inspirieren ließen. Sagen sie.
Solar Trees Marketplace wird aus modularen Ständen bestehen, die an die traditionellen Marktplätze erinnern. Das Design nutzt nachhaltige Merkmale wie natürliche Belüftung und Sonnenkollektoren.
Koichi Takada, Architekt
Und das wird sogar auf den ersten Blick offensichtlich: Zweiunddreißig architektonische „Bäume“ werden sich laut Plan aus dem Boden erheben. Sie sollen mit 50 echten Bäumen zu einem gigantischen „Blätterdach“ verschmelzen, das den neuen Marktplatz schützen soll.
Alles für eine lebenswertere Stadt
„Wir wollen die Gebäude im Bezirk vermenschlichen. Wir wollen die Öffentlichkeit stärker einbeziehen und zur Regeneration der Gemeinden und ihrer Nachbarschaften beitragen. Wir wollen, dass die Architektur die kulturelle Identität zelebriert und gleichzeitig eine begehbare und lebenswerte Stadt fördert“, erläutert Chef Koichi Takada höchstpersönlich.
Eine Art floraler Cyborg
In der offiziellen Beschreibung des Projekts klingt das dann so: „Solar Trees Marketplace wird aus modularen Ständen bestehen, die an die traditionellen Marktplätze erinnern. Das Design nutzt nachhaltige Merkmale wie natürliche Belüftung und Sonnenkollektoren.“
Tatsächlich werden sowohl die künstlichen als auch die natürlichen Verästelungen des floralen Cyborgs nicht bloß Schatten spenden. Während sich die Bäume um eine möglichst hohe Luftqualität kümmern sollen, werden die baulichen Elemente mit durchsichtig schimmernden Folien ausgestattet sein, die allesamt Sonnenstrom produzieren.
„Dieses Solardach wird das Tageslicht filtern und eine entspannte Umgebung schaffen. Der von einheimischen Bäumen umrahmte Boulevard wird das Wohlbefinden steigert“,
heißt es seitens der Architekten.
Nur Bäume der Region
Gleichzeitig hat man aber auch an das Rundherum gedacht: „Fünfzig Kampferbäume werden direkt vor dem Eingang des Marktes gepflanzt werden. In der weiteren Umgebung sind 3000 Bäume und Sträucher, die in Shanghai heimisch sind, geplant. Darunter natürlich Shanghais Stadtblume, die weiße Magnolie, Ginkgo und Chinesische Zürgelbäume“, so das Architektur-Studio.
Echt keine Anfänger
Dieses ist übrigens auf derartigem Terrain durchaus bewandert. Der so genannte Solar Trees Marketplace ist das jüngste in einer Reihe von Projekten, bei denen sich das in Sydney ansässige Büro von der Natur inspirieren lässt. „Stets mit dem Ziel, eine lebenswertere städtische Umgebung zu schaffen“, wie der Chef betont. Zu dieser Reihe von Entwürfen gehören der Urban Forest in Brisbane oder das Projekt Sky Trees in der Innenstadt von Los Angeles.
Text: Johannes Stühlinger
Bilder: Koichi Takada Architects / SAN
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