Der Sylter Angelo Schmitt macht aus Plastikmüll, den er am Strand findet, ganz besondere Kunstwerke.
In den Räumen der Surfschule Inselkind in Hörnum sind Kunstwerke zu sehen – gestaltet mit Müll aus dem Meer. Figuren zum Beispiel aus dem, was die See an den Strand warf: aus Bojen, Bällen und Bürsten für den Haarschnitt. Mobiles, also die freischwingenden und ausbalancierten Gebilde, aus Müll, ein Setzkasten voller Taue, Garne und Bindfäden, manche kunstvoll geknotet. Eine Sammlung, eine kleine Galerie von Sonderbarem.
Angelo Schmitt war Rettungsschwimmer und begann vor vielen Jahren damit, Müll aufzuheben, wenn er am Strand ist. Er sortierte aus, was nicht natürlichen Ursprunges war und stellte fest: Abfall kann ästhetisch sein. Er sah Form, er sah Farbe. In seinen Händen wurde der Müll zu Kunst – um ihn in das Bewusstsein der Leute zu rücken. Noch immer gestaltet der leidenschaftliche Surfer und Surflehrer Kunststücke aus dem, was er am Strand findet. Die entstehen spontan. „Ich sammle und befreie den Strand vom Müll und gucke dann zweimal hin – ob das Pupillen sind, lustige Nasen oder eventuell sogar ein Kopf.“
Er will aufmerksam machen, Bewusstsein schaffen. Damit das Problem Müll am Meer den Menschen nicht nur zum Küstenputztag International Coastal Clean up Day, der traditionell im September stattfindet, präsent ist. Darüber hinaus macht er eigenen Küstenputz: „Ich organisiere seit 18 Jahren einmal im Jahr einen Beach Clean up, jedes Jahr im März, von List bis nach Hörnum“, berichtet Angelo Schmitt.
Relikte eines unbeschwerten Sylter Badeurlaubes
Den Müll für seine Kunstwerke sammelt er nicht nur am Sylter Strand, sondern weltweit. „Zum Beispiel auf Island oder vor Kapstadt, in Nizza oder Dänemark“, erklärt er, denn Müll ist ein globales Problem. „Auf Sylt finde ich am meisten bei Sturm und Wind aus Südwest oder danach. Besonders an der Südspitze der Insel, zwischen Sansibar und der Odde.“
Auf Instagram (@shades-of-trash) präsentiert er einige seiner Figuren und Werke als Kunstobjekte, die gleichzeitig als Mahnmal dienen. Beispielsweise zeigte er sie einem breiten Publikum bereits beim Windsurf World Cup in Westerland. Oder es kann nach vorheriger Vereinbarung in seiner Surfschule in Hörnum vorbeigeschaut werden. Dort stehen Bierdosen aus Skandinavien im Regal und solche, die einst Tee enthielten, aus Asien. Daneben Trinkwassertüten der Marke Seven Oceans und das Etikett einst tiefgefrorener Angelköder aus Florida. „100% natural“ steht auf dem Plastiketikett, das eine Meerjungfrau an einem Angelhaken zeigt.
Plastik hält ewig. Vor einiger Zeit fand er in den Sylter Dünen, eine Sturmflut hatte sie angefressen, Flaschen, die einst Sonnenmilch enthielten. „Das war schon ein seltsames Erlebnis, als ich die gefunden habe – ziemliches old-fashioned Design und Etikett, das kannte ich noch von damals, ganz bekannte Marken. Ich schätze, die stammen aus den 1960er- oder 70er-Jahren.“ Relikte eines unbeschwerten Sylter Badeurlaubes also vor fast einem halben Jahrhundert – und der Müll ist noch heute da. Längst vergessen gewiss, aber nie weg.
Die meisten Leute begännen nachzudenken, meint er, wenn sie das skurrile Sammelsurium, seine geistreiche Kunst sehen. Sie seien durchaus empfänglich für das Thema, man müsse es eben nicht nur hören und sehen, sondern man müsse es auch anfassen können, um im wahren Wortsinn zu begreifen. „Damit ist schon viel erreicht“, sagt Angelo Schmitt und sammelt weiter.
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