INSELN DER KUNSTKUNSTINSELN

Yacht Design von Jeff Koons und der italienische Yacht-Designerin Ivana Porfiri, Foto: Dakis Yoannou Foto: Dakis Yoannou

Text by Florentina Welley


Inseln können manchmal ganz schön einsam sein, zumindest wenn sie irgendwo in der Karibik liegen oder nur mit dem Privatflieger zu erreichen sind. Aber keine Angst – dort wollen wir nicht hin.

Unsere Inseln hier haben zwar Inselcharakter, aber nicht alle davon sind auch welche. Klar, denn diese Inseln sind Plätze der Kunst, der Architektur, des Designs und sogar der Mode. Eigens geschaffene Orte, in denen die Zeit zu stehen scheint, Orte für Eingeweihte. Und manche davon sind sogar noch Projekte der Zukunft. Inseln der Kunst als kulturelles Kapital für die nächsten Generationen. Die schönsten Inseln liegen zwischen Wien und Marrakesch. Viel Spaß beim Surfen.

MARRAKESCH

Foto: Suzy Stoeckl

Ein Garten mit Seele – Anima
Baumgiganten wurden versetzt, exotische Pflanzen aneinandergereiht, Bungalows gebaut und fantastische Skulpturen als Landschaftszitate dazwischengesetzt. Vor den Toren Marrakeschs gibt es einen kostenlosen Shuttle-Bus, der direkt in das Gartenparadies von André Heller ins nahe Ourika-Tal führt. Viermal täglich führt der Bus Besucher vom Parking de la Koutoubia hinter der gleichnamigen Moschee nach Anima. Die Wiener Architektin Carmen Widerin gestaltete auch die Wohnräume als Serie von bunten Bungalows, die mitten im Prachtgarten liegen. Rund 10 Millionen Euro investierte Heller in die Gestaltung des Gartens, der vorher blanke Wüste war. Dafür mussten sogar Eisenkäfige gebaut werden, etwa um 100-jährige Kakteen zu versetzen. Bei einem Rundgang begegnen die Gäste dann einer Arche Noah namens Hoffnung, einem außerirdischen Skulpturengast, einer Stele von Keith Haring neben besagtem Kaktus, Erdköpfen aus Kamerun, Rosenteichen, dem Händetor zum islamischen Garten und vielem mehr.

www.anima-garden.com

DEUTSCHLAND



Foto: Abraham

Kunst und Natur in Hombroich
Eigentlich ist Hombroich ja für etwas ganz anderes bekannt. Nämlich seine Raketenstation. Aber seit den 1980er-Jahren wird die Museums-Insel Neuss-Holzheim von einer gemeinsamen Stiftung verwaltet. Zu verdanken sind die prächtigen renaturierten Park- und Auenlandschaften am Nordufer der Erft, wo sich frei stehende Ausstellungspavillons befinden, dem Düsseldorfer Kunstsammler Karl-Heinrich Müller. Er erwarb 1982 die Insel und begann sein Konzept mit bildenden Künstlern zu verwirklichen. Im Laufe der Jahre entstand eine umfassende Kunstsammlung mit Werken von Hans Arp, Alexander Calder, Paul Cézanne, Eduardo Chillida, Lovis Corinth, Jean Fautrier, Alberto Giacometti, Yves Klein, Gustav Klimt, Henri Matisse, Francis Picabia, Rembrandt van Rijn, Kurt Schwitters, Kunst der Khmer und Kunstwerken aus dem frühen China. Das „Haus für Musiker“ wurde nach Plänen des österreichischen Architekten Raimund Abraham 2014 fertiggestellt. In Anlehnung an Paul Cézanne steht das Museum unter dem Motto „Kunst parallel zur Natur“.

www.inselhombroich.de

GRIECHENLAND


Foto: Dakis Yoannou

Sixtie-Sammlung auf Hydra
Was schwimmt denn da? Der zypriotische Industrielle und Kunstsammler Dakis Joannou hat sich von Jeff Koons und der italienischen Yacht-Designerin Ivana Porfiri diese bunte Mega-Yacht bauen lassen. Das Design ist dem British Naval Camouflage aus dem ersten Weltkrieg nachempfunden. Das schwimmende, 35 Meter lange Kunstwerk namens „Guilty“ kreuzt regelmäßig vor Hydra auf. Denn Joannou hat in den ehemaligen Schlachthöfen der griechischen Insel eine weltweit bedeutende Kunstsammlung der sechziger Jahre eingerichtet. Die DESTE Foundation for Contemporary Art ist eine nicht profitorientierte Institution und wurde 1983 in Athen von Joannou, gemeinsam mit den Kuratoren Adelina von Fürstenberg und Efi Strousa, gegründet. Bis zum September ist im Slaughterhouse eine Ausstellung des italienischen Künstlers Roberto Cuoghi zu sehen. Was der mit dem Titel seiner Ausstellung „Putiferio“ sagen will? Klingt irgendwie nach Krawall …

deste.gr/hydra/putiferio

JAPAN

Foto: Benesse Art und Hotel

Monet, Jackson Pollock und Tadao Ando auf Naoshima
Wer kennt sie nicht, die Kürbisskulptur der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama? Nur – wo sie steht, ist kaum bekannt, denn sie wurde mittlerweile zum Wahrzeichen der japanischen Insel Naoshima. Hier baute Stararchitekt Tadao Ando einen wahren Kunsttempel. Tatsächlich ist die gesamte Insel mit Kunstobjekten übersät. Ende der 1980er-Jahre benötigte der Medienmogul Soichiro Fukutake für seine Sammlung moderner Kunst mehr Raum. Und das Verlagshaus Benesse Corporation wollte aus Naoshima, einer Insel südlich der Honshu-Region, ein Kunstmekka machen. Unter freiem Himmel entstanden nicht nur Skulpturen und Installationen, sondern auch die beiden Kunstmuseen Chichu und 1992 das Benesse Art House, in dem neben einem Hotel auch die umfangreiche Sammlung mit Werken von David Hockney, Jackson Pollock, Yves Klein und Jasper Johns untergebracht ist. Im größtenteils unterirdischen Gebäude des Chichu-Museums von Tadao Ando wird man von der begehbaren Neon-Installation „Open Space“ von James Turrell und Walter de Maria in Bann gezogen. Auch ein paar Wasserlilien-Ölbilder von Claude Monet sind dort zu sehen. Und Alberto Giacomettis Skulptur „Diego sur stele 1“ begrüßt die Gäste in der Rezeption des Benesse House.

benesse-artsite.jp/en/

WIEN

Foto: Bisovsky Salon

Wiener Mode im Bisovsky-Salon
Susanne Bisovskys Modelinie „Wiener Chic“ ist seit vielen Jahren ein Geheimtipp. Dabei hat die umtriebige Modedesignerin sich auf folkloristische Themen spezialisiert, die sie zeitgemäß umsetzt. Mittlerweile zählen Modeikonen wie Iris Apfel, Suzy Menkes oder Peggy Siegal zu ihren Fans. Denn im Fokus steht das Wiener Mädel sowie Trachten aus dem Schmelztiegel verschiedenster Nationen und Kulturen, die sich über die Jahrhunderte in Wien zusammengefunden haben. Und weil Bisovsky rundum kreativ ist, ist auch ihr Salon im siebten Bezirk ein Gesamtkunstwerk. Über Jahre hinweg hat sie darin alles schön angeordnet, was sie so gesammelt hat und was in ihr Konzept passt: Blechdosen mit Blumen, Porzellantänzerinnen, Spitzen aller Art und natürlich viel Vintage-Mobiliar. Bis Mitte Juni war ihre Installation „Elektromagnetisches Dreimäderlhaus“ auch in der Swarovski-Stage des Kristallwelten Stores Wien zu sehen.

Salon Bisovsky, Seidengasse 13,
Am Brillantengrund, 1070 Wien,
www.bisovsky.com

SPANIEN

Foto: Manriqe

James-Bond-Architektur in Lanzarote
Ein Pool, der aussieht wie aus einem Bond-Film, futuristische Skulpturen im Kreisverkehr und Architektur aus den 1970er-Jahren. Die Insel ist dank einer Initiative des Architekten César Manrique seit den 1960er-Jahren in ursprünglichem Zustand. Hier verzichtet man der Optik wegen teilweise sogar auf Straßenmarkierungen – der Landschaftsschutz wird wirklich ernst genommen. Der spanische Maler, Architekt, Bildhauer und Umweltschützer Manrique beschloss nach seinem Kunst-Studium in New York 1964, seine Heimatinsel in einen der schönsten Plätze der Welt zu verwandeln. Nur die traditionelle Bauweise Lanzarotes sollte zugelassen werden. 1968 gab es von der Regierung sogar ein Verbot für Reklametafeln. Später entdeckte Manrique beim Bau seines Hauses fünf Lavahöhlen, die er zu Wohnräumen umgestaltete. 1974 wurde das Mehrzweckkulturzentrum El Almacén in Arrecife als internationaler Treffpunkt für Kunstinteressierte eröffnet. Die Fundación César Manrique ist heute im Haus des Künstlers untergebracht.

www.turismolanzarote.com/de/cesar-manrique

CHINA

Foto: Pingtan Art Museum

Insel der Zukunft auf Pingtan
Sie bauten schon das berühmte Ordos Museum in der Mongolei und sind im Rennen um das George Lucas-Museum in Chicago. Aber ein Projekt der chinesisch-amerikanischen Architekten MAD steht an erster Stelle. In Pingtan soll eine ganze Insel entstehen, die mit Kunst aus aller Welt bestückt wird. Das Pingtan Art Museum soll Chinas größtes privates Museum werden und auch die kulturelle Verbindung zwischen der Insel und dem Festland stärken. Allein die Brücke, die die künstliche Insel mit dem Festland verbinden wird, soll über 5 Kilometer lang sein. Auf circa 40.000 Quadratmetern werden permanent über 1.000 Kunstobjekte zu sehen sein. Das Museum selbst ist seit heuer in Bau und wird aus einem Materialmix aus Sand und Muscheln errichtet – ökofreundlich und geschichtsbewusst. Denn die Insel war früher eine einsame kleine Fischerinsel. Vielleicht sieht sie deshalb auch so aus wie ein Rochen.

www. archdaily.com/pintgan