GLÜCK IN DER FLASCHE // Eine Duftkolumne von Helder Suffenplan

Glück und den Duft fühlen!

„Science is the contemporary language of mysticism“, glaubt der amerikanische Arzt Dr. Joe Dispenza. Das klingt fast, als wolle er den lieben Gott durch Maschinen und Medikamente ersetzen. Tatsächlich aber meint er etwas ganz anderes: Es geht um die Auflösung des uralten Widerspruchs zwischen dem, was spirituelle Traditionen seit Jahrtausenden lehren und praktizieren und dem, was wissenschaftlich erklärbar und damit „wahr“ oder „wirklich“ ist.

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Dank Erkenntnissen der Neurowissenschaft, Bewusstseinsforschung und Medizin werden Phänomene, die bislang in den Bereich der Esoterik fielen, nun naturwissenschaftlich darstellbar. So ist erwiesen, dass wir mit Meditation die materielle Struktur unseres Gehirns verändern können oder dass die Frage, ob ererbte „Krebsgene“ aktiviert werden oder nicht, maßgeblich vom mentalen und emotionalen Zustand des Trägers abhängt. Dr. Dispenza selbst hat Meditationsprogramme zur Aktivierung von Selbstheilungsmechanismen entwickelt, die weltweit Tausende Menschen anwenden und deren Ergebnisse inzwischen Gegenstand wissenschaftlicher Studien sind.

Am Anfang dieser Entwicklung stand die Erkenntnis der Quantenphysik, dass Bewusstsein nicht ein zufälliges Nebenprodukt von Materie ist, sondern im Gegenteil Bewusstsein erst Materie entstehen lässt. Ähnliches spielt sich auf der Molekularebene unseres Körpers ab: Gedanken erzeugen Gefühle, Gefühle werden zu chemischen und energetischen Botenstoffen, die immensen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Lebensglück haben. Wer der Meister seiner Gedanken ist, wird nach dieser Vorstellung zum Autor seines eigenen Lebens. Kein Wunder also, dass sich auch im Westen immer mehr Menschen für Meditation, Yoga oder Buddhismus begeistern – Traditionen, die den Schlüssel zum Glück eher in die Hand des Einzelnen legen, als in die eines mal segnenden, mal strafenden „Vater-Gottes“. Doch auch das Christentum kannte einst mystische Traditionen, die nach und nach wiederentdeckt werden.

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Auch zum Thema Geruchssinn wurden in den letzten Jahren spektakuläre Erkenntnisse gewonnen. Stand die gute alte Aromatherapie noch oft für ranziges Lavendelöl in der verstaubten Duftlampe, beschäftigt sich Aromachology heute mit den Vorgängen im Gehirn, die durch Duftmoleküle ausgelöst werden. Anne Churchill, inhouse-Forscherin beim Parfumentwickler Givaudan, erklärt hierzu gegenüber coveteur.com: „In den letzten 20, 30 Jahren gab es einen enormen Wissenszuwachs, nicht zuletzt dank verbesserter technischer Möglichkeiten […] wie Hirn-Scans oder Messungen der Herzraten und des Hautwiderstands.“

Givaudan konnte so drei Kollektionen von Riechstoffen lancieren, die Parfumeure bei der Kreation sogenannter Functional Fragrances verwenden können. Die Kollektion MoodScentz zum Beispiel soll Entspannung und Glücksempfinden stimulieren.

Nun rollt eine Welle ganz neuer Produkte auf uns zu, die gezielt und wissenschaftlich fundiert Einfluss auf unsere Stimmung, unsere Konzentrationsfähigkeit oder unseren Schlaf nehmen wollen und so helfen könnten, die neue Spiritualität in unser Leben zu integrieren. Klingt das etwas zu ambitioniert? Wer an der Wirkmacht von Geruch zweifelt, der sei an die bewusstseinsverändernde Wirkung einer vollen Babywindel auf einem Langstreckenflug oder eines schwitzenden Munsterkäses in der sonnenbeschienenen Biotonne erinnert. Warum sollte es anders herum nicht ebenso gut funktionieren?

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Die Marke The Nue Co. zum Beispiel bietet eigentlich Supplements für Haut, Haar und Darm an, hat nun aber ihr Sortiment um einige Parfums erweitert. Der Duft Mind Energy verweist auf Studienergebnisse, wonach sich 86 % der Probanden fokussierter und 76 % produktiver fühlten. Und Forrest Lung bringt den Wald in dein Homeoffice und deine Lungen, dank patentierter Phytoncide, einer von Bäumen produzierten Molekülverbindung.

„Taking control of your moods ist der Slogan, mit dem die Londoner Brand DOSE ihre „mood-boosting mists bewirbt. Hit Me Up energetisiert und motiviert für das Workout, Smells Like Yoga beruhigt und entspannt. Im Brand-eigenen Podcast Hacking Happiness erfährt man mehr über die Philosophie hinter der Marke.

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Auch Adidas hat den Trend gerochen, geht das Thema mit der Culture of Sport Collection aber etwas leistungsorientierter an: Düfte wie CHRG, UPLFT oder STRK sollen dieselben Zentren des Gehirns wie beim Sport stimulieren, um „das Verlangen und die Fähigkeit zu trainieren“ zu steigern.

Einen spielerischen Ansatz hingegen verfolgen Vera Portz und Marion Lange von Mavemade aus Hamburg: Aus neun Düften mit Namen wie Eifer, Artig oder Glück kann man modulartig neue Worte und Duft-Layers, etwa „Wunder-Selig oder „Glück-Sucht“ bilden, um die aktuelle Stimmung zu verstärken oder zu hacken.

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Dies sind nur einige Beispiele, wie sich die Themen Spiritualität, Neurowissenschaft und Self Care zu innovativen Produkten kristallisieren können. Viel Spaß beim Entdecken dieses neuen Trends und Sat Nam!

Fotos: Annet Teapel / Porträt: Holger Homann


Helder Suffenplan

Helder Suffenplan

ist ein unabhängiger Journalist und kreativer Berater aus Berlin und hat seit seiner Kindheit eine besondere Leidenschaft für Parfums. Mit der erfolgreichen Gründung von SCENTURY.com im Jahr 2013 – dem allerersten Online-Magazin für Parfümgeschichten – ist Helder zu einer anerkannten Autorität in der globalen Welt der Düfte geworden. Er war Jurymitglied bei Veranstaltungen wie den The Arts & Olfaction Awards in Los Angeles und dem Prix International du Parfumeur Créateur in Paris. Als Autor verbindet er sein Lieblingsthema Düfte mit einer Reihe von Bereichen wie zeitgenössische Kunst, Popkultur, Literatur, Film und Geopolitik.

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