Sportboote, Yachten, italienische Marina. Begriffe, die für Lifestyle und Luxus stehen – und nicht unbedingt für Nachhaltigkeit. Grüne Wasserstofftankstellen, entworfen von Zaha Hadid Architects, sollen das nun ändern.
Nein, was sich da schon bald an den Stegen von Italiens Yachthäfen erheben soll, sind keine neuartigen Riesenmuscheln, die das Land erobern. Es handelt sich dabei vielmehr um die weltweit erste Wasserstofftankstellen für Sportboote. Tankstellen für die Zeiten der Klimakrise also, denn hier soll man laut den Projektentwicklern künftig sogenannten grünen Wasserstoff zapfen können. Wasserstoff also, der mittels erneuerbarer Energien hergestellt wird.
In 25 Yachthäfen an italienischen Küsten sind derartige Tankstellen angedacht. Geplante Inbetriebnahme: Schon im Sommer 2024. Bis 2030 sollen schließlich im gesamten Mittelmeerraum 100 derartige Stationen errichtet werden. Die Technologie hinter dem grünen Wasserstoff für Sportboote hat das Unternehmen NatPower H mit Sitz in Mailand entwickelt. Die architektonische Ausarbeitung für die spektakulären Bauten übernahmen Zaha Hadid Architects (ZHA). Gesamtinvestition des Projekts: 100 Millionen Euro.
Energie-Netzwerk
„Nachdem es Projekte für erneuerbare Energien in der Pipeline gibt, die insgesamt 23 Gigawatt übersteigen, haben wir beschlossen, NatPower H zu gründen – den ersten globalen Betreiber für die Produktion, die Speicherung und den Vertrieb von grünem Wasserstoff –, um die weltweit ersten Wasserstofftankstellen für Sportboote zu errichten“, erklärt dazu Fabrizio Zago, CEO der NatPower-Gruppe.
Hinzu kommt, dass mittlerweile immer mehr Yachthäfen die Verwendung von Dieselmotoren untersagen. Eine Entscheidung, die die rasche Energiewendung in der Schifffahrtsbranche vorantreibt. Und eine Entwicklung, die auch der von NatPower H und ZHA vorgeschlagenen Infrastruktur den Rücken stärkt. Der gemeinsame Plan lautet daher: Man will ein Netzwerk von Energiezentren schaffen, das die weitere Entwicklung von wasserstoffbetriebenen Schiffen fördert.
Mit der Installation der Infrastruktur für die Bereitstellung von grünem Wasserstoff will NatPower H ein Netzwerk von nachhaltigen Energiezentren in allen großen italienischen Jachthäfen und ideale Bedingungen für die Weiterentwicklung und Nutzung von wasserstoffbetriebenen Schiffen schaffen.
Technologien der Zukunft im Jetzt
Nach Angaben der Architekten Studios sollen die geplanten 100 Stationen für Wasserstofftankstellen jährlich bis zu 45.000 Tonnen Treibhausgasemissionen im Segment der Freizeitboote einsparen. Eine Investition ins Klima und in die Umwelt.
Und weil sich bei diesem Projekt alles um Nachhaltigkeit dreht, werden auch die Tankstellen an sich ausschließlich aus nachhaltigen Materialien errichtet. Nach einer Art Baukastenprinzip haben ZHA ein modulares System entworfen, mit dem die verschiedenen Standorte im Mittelmeerraum individuell und flexibel gestaltet werden können. Die Segmente der einzelnen Module werden mit 3D-Drucktechnologien erstellt, sodass die am Ende vollständige Tankstelle sich den Gegebenheiten vor Ort perfekt anpasst. Schließlich sind die spezifischen lokalen Gegebenheiten wie Gesamtgröße, Sitzgelegenheiten, Fußgängerverkehr und Fahrradlademöglichkeiten in jeder Marina anders.
Altrömische Technik
Aber die 3D-Drucktechnologie hat noch einen weiteren Vorteil. So sind die Module jeweils vollständig recyclebar und werden am Standort (trocken) zusammengebaut – so reduziert man Bauabfall. Außerdem entstehen damit fließende Formen und Geometrie, die von der mediterranen Landschaft und ihrem Meeresökosystem inspiriert sind. Kohlenstoffarmer Beton verleiht dem Tankstellenhäuschen ihre Struktur und Stärke.
Und wieder einmal ist es das alte Wissen in Verbindung mit gegenwärtiger Innovation, die diesen Entwurf so besonders macht. Denn: „Die Wasserstofftankstellen verbinden die neuesten Innovationen in der Bautechnik mit der historischen Technik, welche die Römer vor mehr als 2.000 Jahren entwickelt hatten. Sie nutzen fortschrittliche kreisförmige Bautechnologien, die das Engagement von NatPower H für eine ökologisch verantwortungsvolle Zukunft widerspiegeln“, so Filippo Innocenti, Direktor von Zaha Hadid Architects.
Alle für einen, einer für alle
Das Büro verwendet in diesem Projekt lokal gewonnene Materialien. Sand, Erde und nachhaltigen Zement bilden die Basisbausteine der jeweiligen Station, die am Ende auf lediglich 50 Quadratmetern errichtet wird. Kreativität und eine beachtliche Zusammenarbeit unterschiedlichster Experten aus verschiedensten Quellen machte diese Innovation möglich.
So arbeiteten nicht nur NatPower H an diesem Vorhaben einer nachhaltigen Zukunft, sondern auch Unternehmen wie Baglietto, BluEnergy Revolution oder Tecma Solutions. Doch auch in Sachen Design kann diese bauliche Innovation mit jener des grünen Wasserstoffs mithalten. Denn die Computation and Design Research Group der ZHA (ZHA CODE) entwickelte das modulare Bausystem der Stationen in Zusammenarbeit mit der Block Research Group und Incremental3D. Mehrfach einschlägig ausgezeichneten Design-Units.
Was sich beinahe wie der Abspann eines Spielfilms liest, ist ein schönes Zeichen globaler Zusammenarbeit. Für zunächst lokale Nachhaltigkeit, die im Gesamtbild doch wieder für klimaneutrale Zukunft Aller steht.
Text: Eva Schroeder
Bilder: Zaha Hadid Architects
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