Der Kunstmarkt blüht, Text: Nina Prehofer
Wie die Hortensien auf Olga Wisinger-Florians Arbeit, die bei der letzten Auktion im Kinsky unter den Hammer kamen, blüht auch der Kunstmarkt in Zeiten der Krise. Ein kleiner Blick hinter die Kulissen des Wiener Auktionshauses.
Schön steht es da, das Palais Kinsky auf der Freyung im 1. Bezirk von Wien. In diesem repräsentativen Barockpalast befindet sich seit über 20 Jahren das Auktionshaus im Kinsky, gegründet von Michael Kovacek und Ernst Ploil.
Hier treffen wir im ersten des Prachtbaus auf die Expertinnen für Zeitgenössische Kunst und Jugendstil und Design Timea Pinter und Anja Wolf. Hier ist auch der Ort an den man sich begibt, wenn man ein Objekt versteigern oder einfach nur begutachten und schätzen lassen möchte.
Das ist das Schöne bei uns: man kann ganz unverbindlich vorbeikommen und seine Werke schätzen lassen. Natürlich nach Terminvereinbarung, damit der richtige Experte auch im Haus ist,
sagt Timea Pinter, die Expertin für Zeitgenössische des Hauses.
Dabei wird dann zuerst untersucht, um welche Künstlerin oder welchen Künstler es sich handelt. Grundsätzlich nach den klassischen Maßstäben: gibt es einen Titel, ist es signiert, datiert, aus welcher Zeit es stammt, ist es einer gewissen Periode des Künstlers zuzuordnen oder Teil einer Serie?
Wir sind der Sekundärmarkt, deswegen nehmen wir in der zeitgeschichtlichen Sparte nur Künstler auf, die bereits etabliert sind, auf dem Auktionsmarkt waren und in Ausstellungen gezeigt wurden. Im Gegensatz zu Galerien, die dafür da sind Künstler aufzubauen,
erklärt Pinter.
Wenn der Künstler ins Programm passt, wird gemeinsam mit dem Einbringer der Preis bestimmt. Man einigt sich auf einen Rufpreis und einen Schätzpreis, wobei der Rufpreis der untere Schätzpreis ist. Zur Orientierung dienen einschlägige Datenbanken wie „Artprice“, in der über 30 Millionen Auktionsergebnisse und Indizes, sowie über 700.000 Künstler erfasst sind. Man orientiert sich an vergangenen Auktionsergebnissen und ordnet das Werk in das bestehende des Künstlers ein. Es werden Größe, Material, Farbkräftigkeit und Zeit verglichen.
Dann heißt es bei der Auktion das beste Ergebnis für den Einbringer zu erzielen, denn nach oben hin ist alles offen.
Erkennbar bei der letzten Auktion im Juni. Da standen zwei Puppen aus dem 17. Jahrhundert zum Verkauf, die mit 5.000 Euro ausgerufen wurden. Erst erhöhte sich der Preis langsam, doch dann kam es zu einem regelrechten Gefecht zwischen zwei Bietern. Über das Telefon trieben sie sich immer weiter in die Höhe bis die zwei Puppen schließlich für über 200.000 Euro unter den Hammer kamen.
Damit spannende Momente wie diese bei einer Auktion erlebbar werden, wird in den Wochen davor sehr viel Arbeit und Zeit investiert, um die richtigen Interessenten und Käufer anzusprechen.
Ist das echt?
Als vor nicht ganz einem Jahrzehnt herauskam, dass ein Mann namens Wolfgang Beltracchi unzählige von ihm gefälschte Werke unbemerkt auf den Markt bringen konnte, hielt die Kunstwelt den Atem an.
Eigentlich ist Beltracchi ein Genie. Dennoch, diesen Eingriff, den er in die Geschichte und Kunstgeschichte getätigt hat, ist unverzeihlich.
findet Timea Pinter.
Sie selbst hat schon öfter Fälschungen in den Händen gehalten.
Es waren sowohl gute, als auch schlechte Fälschungen darunter. Manche waren einfach nur ziemlich plump.
Um ein Original von einer Fälschung unterscheiden zu können, braucht es in erster Linie viel Erfahrung. Erfragt wird bei einem Objekt immer die Provenienz, wie der Einbringer dazu gelangt ist und wo es erworben wurde. „Wenn die Geschichte nicht schlüssig ist, merkt man das.“ Manchmal kommen auch Erben in das Auktionshaus mit Objekten, die schon viele Jahrzehnte im Familienbesitz sind. „Wenn man dann feststellen muss, dass es sich um eine Fälschung handelt, ist das natürlich enttäuschend.“
Suche nach dem Schönen
Auch die Expertin für Jugendstil und Design Anja Wolf ist überzeugt „Erfahrung ist alles“, wenn es um das Erkennen einer Fälschung geht. „Fälschungen sind aber gute Lehrer.“, ergänzt sie. Selbstverständlich überprüft auch sie jedes Objekt, dass ihr zugetragen wird. Ins Schwärmen kommt sie, wenn sie über Entwürfe und Arbeiten von Kolo Moser oder Josef Hofmann spricht
Zigarettenetuis und Silberdosen aus dieser Zeit sind so zeitlos. Ich bin immer wieder überrascht. Auch bei den Loetz Vasen könnte man meinen sie stammen aus unserer Zeit, weil sie so modern und innovativ sind. Das macht es so besonders.
Anja Wolf
Die Stücke der Wiener Werkstätte waren bereits in ihrer Zeit nicht für jedermann erschwinglich. Hofmann, Moser, Peche oder Prutscher sind Namen, die sehr gesucht und gefragt sind und einen hohen Wert besitzen. Das ergibt sich auch durch die Perfektion, in der gearbeitet wurde. Jedes Detail, jede Lötstelle oder Schraube, ist am richtigen Platz.
Ich glaube, dass die Ästhetik in unserer Welt bedeutender ist, als man ihr oft Raum gibt. Das Auge nimmt so viel auf. Es gibt Studien welcher Unterschied in der Stimmung ausgelöst wird, wenn man zwischen Plattenbauten wandert oder über die Ringstraße spaziert.
Anja Wolf findet, dass Ästhetik in unserer Zeit zu Unrecht unterbewertet wird. Dabei wäre die Suche und Sehnsucht nach dem Schönen ein tiefsitzender Wunsch in uns.
Wer richtet sich nicht gerne schön zu Hause ein? Wer betrachtet schöne Objekte nicht immer wieder gerne und erfreut sich an ihnen? Ich glaube, das macht den Wert der Kunst aus.
Mit großer Vorfreude blickt sie auf kommende Auktionen, denn die letzte hat gezeigt, dass der Kunstmarkt blüht. Es scheint, als wären in unsicheren Zeiten die Objekte doch etwas, das den Menschen Halt gibt. Diesen emotionalen Wert der Kunst spürt man sehr stark, wenn man an einer Auktion teilnimmt. Die sind übrigens für jeden Interessierten öffentlich zugänglich. „Wenn auf einer Auktion gesteigert wird, erlebt man sehr stark, wie das Herz der Menschen dabei ist. Da ist eine Liebe, die die Objekte in diesem Moment einfach mehr Wert macht. Sie bringt die Menschen dazu nicht aufzugeben. Die Liebe und Leidenschaft für die Kunst ermöglicht diese großartigen Erfolgsergebnisse bei einer Auktion. Die ist weit mehr Wert, als der Marktwert.“
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