Wenn Taschen sprechen könnten, würden sie uns bestimmt viele Geschichten erzählen. Aber welche Geschichten erzählt uns jemand, der selber Taschen entwirft – und das schon lange und erfolgreich? Wir haben Designerin Ina Kent zum Interview gebeten und erfahren, wie ihre erste Tasche in den 1970ern ausgesehen hat, was sie von geschlechterspezifischen Taschen hält und, dass sie regelmäßig Wassermelonen trägt…
INA KENT, kennt man gut und auch schon lange – wie schaffen Sie es, seit so langer Zeit erfolgreich zu sein und dabei auf dem Boden zu bleiben?
Erfolg bringt ja immer auch Arbeit mit sich, zumindest wenn er halbwegs stabil sein soll. Ich bin auch immer eher skeptisch und nicht so leicht am Abheben. Daher gehe ich unternehmerische Schritte auch gerne nachhaltig und mit Bedacht. Den Erfolg der Brand empfinde ich nicht als überwältigend, sondern eher als beruhigend.
Wahrscheinlich haben Sie die Frage schon hundert Mal gehört, aber was darf in Ihrer Tasche niemals fehlen?
Die ehrliche Antwort wäre mein Handy. Die charmantere ist vermutlich mein kleines pinkes Schweizer Taschenmesser.
Was für Erinnerungen haben Sie an Ihre erste eigene Tasche und was erzählt sie uns?
Ich glaube, meine erste Tasche war klein und aus rotem Knautschlack. Sie würde vielleicht sagen, es waren halt die Siebziger.
Rucksack, Clutch, große Tote? Was für ein Taschentyp sind Sie denn selber?
Meine Taschen werden immer kleiner. Ich interpretiere das als gutes Zeichen dahingehend, dass meine Tage weniger dicht und tendenziell entspannter werden.
Welche Tasche ist ihr aktueller Liebling und welche Story hätte sie auf Lager?
Zurzeit trage ich gerne unser neues Modell ESPE ed.1. Sie ist knuffig und ein kleines Platzwunder. Sie würde möglicherweise davon berichten, dass ich sie manchmal bis zum Anschlag befülle, weil ich dann doch wieder unterschätze, was ich so alles dabeihaben möchte.
INA KENT Taschen sind zeitlos – mit welchem Geheimnis schafft man Zeitlosigkeit, wo sich Zeiten doch ständig ändern?
Schlichte Formen und vertraute Proportionen vermitteln Stimmigkeit. Wir quittieren sie wohlwollend, gerade in einer schnelllebigen Zeit. Taschen folgen zwangsläufig vertrauten Proportionen, wenn sie auch praktischen Ansprüchen gerecht werden sollen. Und unsere Taschen sollen ja genau das: im Alltag funktionieren. Dazu kommt der archaische Charakter von Leder und so ergibt sich aus zeitlosen Ansprüchen und Materialien zeitloses Design.
Who is afraid of…femininity? Mit der neuen Kampagne werden Geschlechternormen durchbrochen — Was macht eine Tasche zum Unisex Accessoire?
Eigentlich ist es ja erstaunlich, dass Taschen nicht per se als Unisex Accessoire gelten. Es ist ja nicht so, dass es geschlechterspezifisch wäre, ob man etwas dabeihaben muss oder möchte. Jedenfalls gelten zarte Riemen, weiche, runde und feingliedrige Formen als weiblich. Das widerspricht dem Charakter eines Unisex Accessoires. Allerdings bröckeln diese Dos & Don‘ts bei Taschen zunehmend. Ich begrüße das so wie alles, das dogmatischem Regelwerk trotzt.
Sie legen Wert auf Multifunktionalität – welche Funktionen können Ihre Taschen haben?
Manche kann man sowohl als Rucksack, Seesack, Schultertasche oder Crossbody tragen. Manche können zusätzlich noch geklappt werden und werden dann zu kleinen Abendtaschen. Andere sind gleichzeitig große Portemonnaies und kleine Taschen. Es gibt auch ein Modell, bei dem ein abnehmbares Portemonnaie integriert ist. Viele Artikel lassen sich auch miteinander kombinieren.
Metallisches Leder ist Teil Ihrer Handschrift – was mögen Sie an dem besonderen Material?
Ich mag metallische Accessoires grundsätzlich. Weil sie ja eigentlich per Definition nur ein Anhängsel sind, quasi nicht der Hauptakteur. Ich finde es einen schönen Bruch, wenn Kleidung dezent ist und dem Accessoire die Show lässt. Auch den Widerspruch der schlichten Formen unserer Taschen mit der Großspurigkeit des Glitzers mag ich.
Was war das Ungewöhnlichste, was Sie mit einer Ihrer Taschen jemals transportiert haben?
Das ist eine interessante Frage. Ich selbst habe schon Topfblumen transportiert und ganze Wassermelonen verstaue ich regelmäßig in einem unserer größten Modelle.
Ihr Slogan lautet Bags tell stories – welche spannende Story können Sie uns aus fast 20 Jahren Unternehmensgeschichte erzählen?
Eine Story fällt mir hier nicht ein, aber was ich immer wieder spannend finde ist, wie viele gute Entscheidungen ich nicht getroffen hätte, wenn ihnen nicht Probleme oder Krisen vorangegangen wären.
Fotocredits: INA KENT, Pascal Schrattenecker
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