Mit der Bewerbung für die Expo 2030 in Odessa wollte die Ukraine ein Zeichen setzen. Das Projekt von Zaha Hadid Architects wurde mittlerweile zwar abgelehnt, das Zeichen des Widerstands und Wiederaufbaus bleibt jedoch bestehen.
Im November 2023 wird offiziell bekanntgegeben, in welcher Stadt die Weltausstellung 2030, die Expo, stattfinden wird. Im Rennen für den Austragungsort befinden sich Busan, Rom und Riad. Nicht (mehr) dabei ist das ukrainische Odessa.
Die Hafenstadt am Schwarzen Meer hatte sich offiziell für die Austragung der Expo 2030 beworben, wurde aber vom verantwortlichen Bureau International des Expositions (BIE) nicht in die finale Shortlist aufgenommen. Und das trotz aufsehenerregender Planung seitens der ukrainische Regierung: Für das Konzept beauftragte man niemand Geringeren als Zaha Hadid Architects, im dabei entstandenen Masterplan setzten die Entwickler vor allem auf Nachhaltigkeit und das Erbe der Ukraine.
Blick in die Zukunft
Eine Begründung der Ablehnung durch das BIE liegt nicht vor. Klar ist, dass das Konzept der ukrainischen Bewerbung auch ohne tatsächliche Umsetzung ein Zeichen darstellt. Ein Zeichen, sich von dem russischen Angriffskrieg im wahrsten Sinne des Wortes nicht besiegen lassen zu wollen. Ein Zeichen, dass man als wichtiger Teil der internationalen Staatengemeinschaft gilt. Zudem bleibt die Bewerbung ein Symbol für den Wiederaufbau, für den in die Zukunft gerichteten Blick.
Das Design von Zaha Hadid Architetcs war dementsprechend nicht nur auf die Expo ausgerichtet, sondern sollte darüber hinaus Bestand haben. So plante man, die Hauptpavillons im Zentrum des Ausstellungsgeländes nach der Expo 2030 zum ersten Messezentrum der Ukraine umzufunktionieren. Die kleineren Pavillons der ausstellenden Länder wiederum sollten zu neuen öffentlichen Gebäuden umfunktioniert werden.
Modulare Pavillons
Als Veranstaltungsort hatte man sich auf das nordwestlich von Odessa gelegene Khadzhibey-Mündungsdelta am schwarzen Meer geeinigt, das durch seine Nähe zum Hafen und der Stadt gut an die städtische Infrastruktur angebunden ist. Das Eventgelände umfasste laut Plan fünf Hauptelemente, die durch eine große Allee verbunden sind. Entlang dieser erstrecken sich im Entwurf auf der dem Schwarzen Meer zugewandten Seite ein bis zum Wasser reichender Ökopark. Auf der anderen Seite, in Richtung Stadt, befinden sich die Ausstellungspavillons der teilnehmenden Nationen. An beiden Enden der Hauptallee sind Hotels sowie Info- und Servicestationen für Besucherinnen und Besucher platziert.
Hauptbestandteil des Masterplans von Zaha Hadid Architects war der individuelle Aufbau der Ausstellungspavillons. Bei diesem sollten die Teilnehmerländer nämlich mitentscheiden können. Als Appell zur Solidarität, aber auch, um jedem Land so viel kreative Freiheit wie möglich bei der Gestaltung der Pavillons zu gewähren, wollte man die Nationen der Expo 2030 aus einer Reihe fertiger Teile beziehungsweise Module wählen lassen. Außerdem wollte man damit die jeweilige Eigeninterpretation des Mottos sicherstellen. Dazu wurde ein digitales Gestaltungstool vorgestellt, das die Teilnehmer bei Design, Materialauswahl und Umsetzung unterstützen sollte.
Nachhaltigkeit im Fokus
Ziel dieser Methode war es, sowohl die Produktionskosten, als auch den mit der Konstruktion verbundenen CO₂ -Ausstoß einzudämmen. Das Baukastensystem war darüber hinaus für den einfachen Auf- und Abbau sowie Transport der Pavillons gedacht, sodass teilnehmende Länder diese nach dem Expo-Ende problemlos hätten mitnehmen können. Alternativ hätten sie der Ukraine gespendet werden können, um im Rahmen des Wiederaufbaus der durch den Krieg zerstörten Infrastruktur Raum für neue Bildungseinrichtungen, Arbeitsräume und Kliniken zu schaffen.
Im Sinne der Nachhaltigkeit wollte man auf Beton weitestgehend verzichten und stattdessen auf Materialien aus zerstörten Häuser- und Gebäudestrukturen aus der Südukraine zurückgreifen. Im Fokus stand auch die erneuerbare Energiegewinnung – Photovoltaikanlagen und Windkrafträder wurden ins Design aller Pavillons integriert. Nach dem Event plante man, das 80.000 Quadratmeter große Gelände um die neue Messe- und Ausstellungshalle zu renaturieren, um den Öko- bzw. Küstenpark bestmöglich in die umliegenden Sumpf- und Küstengebiete einzubetten.
Nachahmen erwünscht
Obwohl die Expo 2030 nicht in Odessa stattfinden wird, gibt es trotz oder gerade wegen der aktuellen Lage in der Ukraine einige ähnliche Projekte von verschiedenen Architekturbüros, die den Wiederaufbau des Landes unterstützen wollen.
Mit Hilfe eines modularen Bausystems wollen beispielsweise WZMH Architects zerstörte Gebäude erneuern, während man bei NOVA bereits die Planung für ein neues Rathaus in Mariupol in Gang gesetzt hat. Drozdov & Partners bemühen sich aktuell mit Replus Bureau und Ponomarenko Bureau um die Sanierung und Errichtung von Notunterkünften im Westen der Ukraine.
Text: Rabea Scheger
Bilder: Zaha Hadid Architects
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