Heinz Glatzl und Joachim Mayr sind nicht nur die Gründer und Erfinder des Formdepot, sondern auch die Macher des Refugium in Lunz. Ein Gespräch über die Zukunft und Vergangenheit, den Anspruch höchster handwerklicher Qualität und inspirierende Zusammenarbeit.
Wir beschäftigen uns in dieser Ausgabe von THE Stylemate mit „Future Blossoms“. Wie wird ein Hotel der Zukunft gerecht?
Ein Hotel der Zukunft stellt die Menschen in den Mittelpunkt. Unser neuer Luxus ist der persönliche, direkte Austausch. Raum und Zeit für die Interaktion und die gegenseitige Inspiration. Globaler gesprochen, auch auf die Stadthotellerie bezogen, sind es die Momente, in denen man spürt: Jemand hat an den Gast gedacht, sich eine Funktion genauer überlegt und einen aktiven Weg gewählt, mit den unterschiedlichen Herausforderungen umzugehen – sei es Personalmangel oder Energiekrise. Ehrliche Kommunikation steht da im Mittelpunkt.
Wie manifestiert sich das im Refugium Lunz?
Das Refugium ist für uns eine Gratwanderung zwischen den historischen Gegebenheiten und den aktuellen hohen technischen Anforderungen. Wir haben uns bemüht, ein Haus zu bauen, in dem man spürt, wie das Gebäude vor mehreren hundert Jahren erdacht wurde. Wir haben zum Beispiel im Eingangsbereich die Raumstruktur so belassen, wie sie war. Wir hätten Wände versetzen und eine große Lobby bauen können – die Entscheidung, dies nicht zu tun, war hier aber eine ganz bewusste. Durch diese Tür sind bereits im 17. Jahrhundert die Gäste hineingekommen, und wenn die Tür jetzt offensteht und der Sommerduft hereinweht, dann war das wohl auch damals schon so.
Woraus habt ihr eure Inspiration gezogen?
Unser großer Antrieb war der Anspruch, höchste handwerkliche Qualität an allen Stellen spürbar zu machen. Keine Kompromisse eingehen zu müssen. Durch die Zusammenarbeit mit unserem Formdepot-Member und Partner konnten wir Materialien und Produkte einsetzen, die aus Kostengründen normalerweise keine Anwendung in Hotelzimmern finden.
Wie viel Formdepot steckt also im Refugium Lunz?
Das Refugium ist die Schwester des Formdepot. Gastlichkeit leben wir auch in Wien von Beginn an und mit dem Refugium kommt die Professionalität dazu, die ein Hotelbetrieb braucht. Wir zeigen im Refugium die gesamte Vielfalt der Unternehmen, die das Formdepot von Anfang an ausmacht. Es ist nach unserem Wissen das erste Haus, das in so einer engen Zusammenarbeit mit so vielen Partnern entstand. Es wurden neue Lösungen entwickelt und jeder hatte die Gelegenheit zu zeigen, was möglich ist, wenn man sich traut.
Welche Details schätzt ihr besonders?
Besondere Freude machen jene Stellen im Haus, denen wir wieder zu ihrer ursprünglichen Schönheit verhelfen konnten. Das sind zum Beispiel die Stube, die Fassade und das Gewölbe im Eingangsbereich. Abgesehen davon sind wir selbst noch dabei, das Haus immer wieder neu zu entdecken. Der Lichteinfall und die Stimmung ändern sich ja gerade im Sommer ständig.
Wie hat sich eure Arbeitsweise, euer Zugang zur Arbeit über die Jahre verändert?
Wir haben jetzt die Chance, viele Jahre Erfahrung dafür zu nutzen, gestalterisch und handwerklich auf neue Strömungen einzugehen. Unser Repertoire ist gewachsen und so sind wir flexibler, offener und umsetzungsstärker geworden.
Was schätzt ihr aneinander?
Der Austausch ist sicher ein wichtiger Faktor. Wir haben schon so viel gemeinsam erlebt, dass wir uns oft ohne Worte verstehen. Wir sind sehr unterschiedlich, wodurch wir uns aber in vielen Bereichen ergänzen und unsere verschiedenen Sichtweisen einbringen. So sind wir es gewohnt, gute gemeinsame Lösungen zu finden.
Was wird das Refugium in Zukunft für Lunz bedeuten?
Das Refugium ist mitten im Ort angekommen, sozusagen eine Wiedereröffnung, auch wenn sich die Lunzer an das alte Gasthaus natürlich nicht erinnern können. Wir investieren sehr viel in hochwertige Publikationen und sprechen möglicherweise ein neues Publikum an. Wir werden immer wieder als Leitbetrieb bezeichnet. Das bringt auch eine Verantwortung mit sich, positive Impulse zu setzen. Wir sind uns dessen bewusst und suchen den regionalen Austausch.
Was habt ihr als Nächstes vor?
Wir arbeiten gerade intensiv an neuen Veranstaltungsformaten, um den qualitativen Austausch noch öfter zu uns ins Formdepot zu holen. Das Formdepot ist ein offenes Haus und soll, unabhängig von Firmen und Marken, ein Ort der Inspiration sein. Also eigentlich ein bisschen ein Hotel – zwar ohne Übernachtung, aber trotzdem ein Platz, an dem Menschen aus verschiedenen Richtungen zusammenkommen, sich austauschen und ihre Erlebnisse dann wieder in alle Richtungen mitnehmen.
Über Heinz Glatzl und Joachim Mayr
Seit 1999 arbeiten Joachim Mayr und Heinz Glatzl zusammen. Gemeinsam entwickeln sie Möbel, bauen Häuser und gründeten das Formdepot in Wien. Kürzlich eröffnete das Refugium Lunz, ein Boutiquehotel in Lunz am See.
Photocredits: Gabriel Büchelmeier
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