Auf Governors Island, einer kleinen Insel vor New York, entsteht ein neuer Campus für Klimalösungen, der vom Architekturstudio SOM – Skidmore, Owings & Merrill geplant wurde.
Die New Yorker Insel Governors Island, gelegen vor Lower Manhattan, riecht nach frisch gemähtem Gras und Blumen. Dort findet man Hängematten, Gemüsegärten, vegane Foodtrucks und sogar die längste Rutsche der Stadt. Autos sind hier nicht erlaubt. Die Insel ist derzeit nicht bewohnt, und alle Personen, die man dort sieht, sind Tagesbesucherinnen und Tagesbesucher. Es ist ein Ort, an dem man Spaß haben und dem Trubel der Großstadt entfliehen kann. Doch das war nicht immer so und wird auch nicht so bleiben. Nachdem die Insel selbst erst im Jahr 2003 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich wurde, wird 2025 hier ein Campus für Klimalösungen gebaut.
Kleine Insel, große Geschichte
Der Name der Insel geht auf das Jahr 1698 zurück. Damals war New York noch eine englische Kolonie und die Kolonialversammlung hatte die Insel für die ausschließliche Nutzung durch den königlich-britischen Gouverneur New Yorks reserviert. Dann übernahmen die Amerikaner und nutzten Governors Island bis Mitte der 1960er Jahre für militärische Zwecke, bis sich die US-Küstenwache schließlich auf der Insel breit machte. Und sogar der Kalte Krieg hat hier den Anfang seines Endes gefunden: Im Jahr 1988 gab es auf Governors Island ein Friedensgespräch zwischen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow. Seit dem Jahr 2003 diente die Insel dann als Freizeitparadies und Bollwerk gegen Sturmfluten. Zuvor wurde sie für einen symbolischen Preis von einem Dollar an die Stadt New York übergeben.
Nun wird die Insel erneut Geschichte schreiben, da dort ein neues Zentrum für Klimalösungen entstehen wird. Es trägt den Namen New York City Climate Exchange, kurz The Exchange. Entworfen wurde es vom Architekturstudio SOM. Der Campus wird Wohnungen für Studenten und Dozenten sowie Hotelzimmer umfassen. Laut Angaben der Stadt werden dort mehr als 2.200 Arbeitsplätze geschaffen und jährlich 600 College-Studenten, 6.000 Auszubildende und 250 Fakultätsmitglieder ein- und ausgehen. Im Rahmen des Projekts wird zudem die Fährverbindung ausgebaut, sodass alle 15 Minuten eine Fähre abfahren wird, anstatt wie bisher im 30-Minuten-Takt.
Das Design für diesen neuen Campus verkörpert die Verantwortung, die erforderlich ist, um die Klimakrise zu bewältigen, indem geschwungene Massivholzpavillons durch die sanfte Landschaft des Parks führen und die historische Bausubstanz von Governors Island wiederverwerten.
Colin Koop, Designpartner bei SOM
Null Emissionen
Der von SOM geplante Campus besteht aus mehreren, aus Massivholz gebauten, Pavillions. „Das Design für diesen neuen Campus verkörpert die Verantwortung, die erforderlich ist, um die Klimakrise zu bewältigen, indem geschwungene Massivholzpavillons durch die sanfte Landschaft des Parks führen und die historische Bausubstanz von Governors Island wiederverwerten“, sagt Colin Koop, Designpartner bei SOM. Das Besondere ist, dass der Campus völlig emissionsfrei funktionieren soll. Tatsächlich wird das Projekt eines der ersten in den USA sein, das die Zertifizierung als True Zero Waste Green Building bekommt. So wird beispielsweise der Bedarf an nicht trinkbarem Wasser durch Regen- und Abwasser abgedeckt. Außerdem wird der Campus eigenen Strom mit Solarpaneelen erzeugen und sich dadurch autark versorgen; der Überschuss wird dann ins städtische Stromnetz geleitet.
Viel Platz zum Denken
SOM plante den Campus als glänzendes, begrüntes Gebäude mit auf- und abfallender Form, die an die Hügel von Governors Island erinnern soll. Es wird von acht Stockwerken an der höchsten Stelle bis zu vier Stockwerken an der niedrigsten Stelle reichen. Die Fassade besteht aus Glasfronten, umrahmt von Holzbalken. Mit den Massivholzstrukturen möchte man einen fesselnden neuen öffentlichen Raum für alle New Yorker schaffen, so das Architekturbüro. Ein Auditorium dient das als Ort für Treffen und Vorträge von Klimaexpert:innen. Das Design von SOM umfasst auch Platz für grüne Arbeitsplatz-, Trainings- und Kompetenzentwicklungsprogramme, die in Zusammenarbeit mit örtlichen Bildungseinrichtungen und Unternehmen durchgeführt werden sollen. Der Baubeginn ist für 2025 geplant, eröffnet wird voraussichtlich im Jahr 2028.
Alles anders
Die Idee eines Klimazentrums auf Governors Island kursiert schon seit Jahren. Aber nicht alle sind mit dem Projekt einverstanden. Im Dezember 2021 wies ein Richter die Klage ab, die neuen Gebäude würden die Ruhe der Insel zerstören.
Als die Bundesregierung im Jahr 2003 die Kontrolle an die Stadt New York übergab, stellte sie die Bedingung, dass die Insel nicht für kommerzielle Wohnbauprojekte genutzt werden darf. Durch das neue Klimazentrum musste die Insel also durch den Stadtrat umgewidmet werden. Finanziert wird das Projekt aus städtischen Kapitalmitteln, der von dem Milliardär James H. Simons gegründeten imons Foundation sowie von Bloomberg Philanthropies des Ex-Bürgermeisters (und Milliardärs) Michael Bloomberg, einem langjährigen Unterstützer des Wiederaufbaus der Insel.
Ein Konsortium, bestehend aus IBM, dem Georgia Institute of Technology, der Pace University, dem Pratt Institute und der Boston Consulting Group sowie der Stony Brook University wird darüber hinaus die laufenden Betriebskosten decken. So entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Bewohnerinnen und Bewohner von New York.
Lange galt die Insel als Geheimtipp. Das wird sich jetzt wohl ändern. The Exchange ist Teil des Planes des New Yorker Bürgermeisters Eric Adams, der die Stadt New York bis 2030 vor extremer Hitze schützen möchte. Und da ist ein Campus, der sich auf die Klimaforschung und die Ausbildung rund um das Thema fokussiert, doch sehr passend.
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