Weine als Investment?, Text: Nina Prehofer, Fotos „trinkreif“: Niklas Stadler, Udi Titz, Alexander Chitsazan
Weine als Investment? Macht das Sinn? THE Stylemate hat nachgefragt, bei zwei Wiener Händlern, die es wissen müssten. Sie haben uns erklärt, warum Wein in erster Linie Leidenschaft ist, der auch sie mit Ehrfurcht und Demut begegnen und warum man am Ende immer im Burgund landet.
TEIL 2
„trinkreif„
Die schönste Nebensache der Welt
Es ist immer noch heiß in der Stadt und der Treffpunkt für ein Gespräch mit kühlem Kopf könnte nicht besser gewählt sein: einer der Keller von „trinkreif“ am Stadtpark von Wien gelegen. „trinkreif“, das sind Markus Inzinger und Clemens Riedl, die sich seit 2015 der für sie „schönsten Nebensache der Welt“ widmen, den gereiften Weinen. Unser Gespräch führt uns sofort zum Punkt. „Was uns von Anfang an wichtig war, ist unsere persönliche Leidenschaft für den Wein und das Verständnis für den Sammler, der seinen Wein verkaufen möchte. Wenn jemand seinen Weinbestand verkaufen möchte, sind das nicht immer die fröhlichsten Gründe“, erzählt Clemens Riedl. So müsse man verstehen, dass dabei immer Wehmut mitschwinge und der Verkäufer weniger auf Wertmaximierung als auf einen guten neuen Platz für seinen Wein Wert lege, wo dieser auch wertgeschätzt wird.
Wir sind nicht wertschätzend, um erfolgreich zu sein, sondern erfolgreich, weil wir wertschätzend sind,
ist Riedl überzeugt.
„Wir würden auch niemals sagen, dass ein Wein wertlos ist. Vielleicht hat er keinen materiellen Wert, aber dafür meist einen ideellen.“
Auch bei „trinkreif“ legt man großen Wert auf die eigene Reputation. Denn diese ist
wichtig, egal ob am Sekundärmarkt oder beim Ankauf direkt beim Winzer. In der nicht allzu großen Community wird der mit guten Wein belohnt, der seinen Charakter bewiesen hat. „Ein Winzer im hochwertigen Bereich erkundigt sich immer nach dem Händler, denn sein Ziel ist es, seinen Wein an die richtigen Leute zu bekommen. Dazu braucht er einen Händler, der ihm das garantiert“, weiß Markus Inzinger.
Wenn am Sekundärmarkt angekauft wird, dann passiert das immer persönlich. Dem Verkäufer wird ein Besuch abgestattet, um sich ein Bild zu machen. Davon gibt es viele „Ankauf-Anekdoten“ zu erzählen. Wie die von dem Elektriker mit dem Petrus. „Wir hatten eine Liste des Bestands vorab bekommen und es war beeindruckend. Ich malte mir aus, wie dieser Mensch ist, der das alles gesammelt hat. Als ich dann in einem kleinen Ort in der noch kleineren Fußgängerzone gelandet bin, war ich überrascht. Es war der Elektriker des Dorfs. Er nahm mich mit zu seinem Grundstück, wo er neben seinem bescheidenen Haus noch ein Nebengebäude gebaut hat. Und da hat es mich umgehauen. Das war wie in einer Kapelle! Ich war so ergriffen, dass ich erstmal innehalten musste. Eine großartige Sammlung, und er selbst hat nie eine Flasche getrunken. Erstaunlich.“ Man merkt Clemens Riedl an, dass ihm diese Geschichte immer noch nahe geht.
Für Clemens Riedl und Markus Inzinger ist der Wein Genuss– und nicht Investitionsmittel. Sie wollen keinesfalls die Spekulationsspirale befeuern, sondern Weine an jemanden verkaufen, der diese für sich haben möchte. Das Weingut Romanée-Conti gilt das teuerste der Welt. Theoretisch ließen sich am Sekundärmarkt für dessen Wein horrende Summen erzielen. Der österreichische Importeur zahlt im Ankauf zum Beispiel 6.000 Euro für eine Kiste. Bei Release ist diese Kiste am Sekundärmarkt in der Sekunde bereits 25.000 Euro wert. Da ist der Reiz groß, sie weiterzuverkaufen. Deswegen werden Importeure dazu angehalten die Weine in erster Linie an die Gastronomie und nicht an Privatkunden zu verkaufen. Wenn jemand mit den teilweise strengen Anweisungen des Weinguts Missbrauch betreibt, riskiert er seine Zuteilung zu verlieren. So unterbinden Weingüter die Spekulation. Und das obwohl es so manch einer mit Tricks probiert, wie die Flasche im Hotel aufs Zimmer zu bestellen mit der Bitte sie ungeöffnet zu lassen. Das, würde man im Hotel allerdings nicht (mehr) machen.
Reife Wein
Das Kerngeschäft von „trinkreif“ ist, wie der Name schon sagt, gereifte Weine. Doch wie kommt es zu einem gereiften Wein? Dafür muss irgendjemand die Zeit, das Geld und die Leidenschaft investieren. Denn da können fünf bis dreißig Jahre vergehen bis bestimmte Wein zu öffnen sind. Dazu braucht man Lagerkapazitäten, Eigenkapital und eben Zeit. „Wir leben in einer Zeit, in der Warten sehr unpopulär geworden ist. Schon lang ist eine keine Tugend mehr, sondern gilt als Zeitverschwendung. Warten führt aber oft zu einem besseren Ergebnis. Das ist es, was wir den Menschen abnehmen. Wir warten für sie“, schmunzelt Riedl. Und das tun sie gerne, denn bei Riedl und Inzinger weckt der Wein mindestens genauso viel Leidenschaft wie bei ihren Kunden. Doch warum ist das so?
Sind wir uns ehrlich, Wein ist ein Rauschmittel. Wenn man Wein trinkt, wird man beschwipst. Das hat ja etwas Befreiendes, wenn man das Korsett, in dem man möglicherweise hängt, auch mal ablegen kann. Dann ist es sicher dieser Facettenreichtum an Geschmack, der aus einer vergorenen Weintraube entstehen kann. Außerdem fasziniert mich die Haltbarkeit. Ich hatte schon mal die Ehre einen Mouton 1945 zu trinken und es ist faszinierend, was die gemacht haben, in einem Jahr in dem Europa in Schutt und Asche lag.
Clemens Riedl & Markus Inzinger, Foto: Udo Titz
Es heißt, das Wasser macht das Bier, der Boden macht den Wein und es scheint als wäre Frankreich vom lieben Gott gesegnet worden. So trinken auch die Weinliebhaber von Beruf ein Glas Wein mit Ehrfurcht. Wie eben diese Weine aus dem Bordeaux und Burgund. „Es heißt, wenn man lang genug Wein trinkt, dann endet man immer im Burgund.“ Denn dort wächst diese Pinot-Traube, aus der, der feingliedrigste Wein mit der komplexesten Aromatik entsteht. Doch sollte man sie nie zu jung trinken, denn „das ist wie ein Filetsteak, das so lange gebraten wurde, dass du wen damit erschlagen kannst“, lacht Clemens Riedl.
Was guter Wein nun also Wert ist?
Auf jeden Fall getrunken zu werden und das am besten in guter Gesellschaft, denn da ist man sich in der Wertschätzung für das Genussmittel Wein in jedem Fall einig.
Leidenschaft für gereifte Weine, das war es was Markus Inzinger und Clemens Riedl ursprünglich zusammenbrachte. Für die beiden IT-Profis ist Wein „die schönste Nebensache der Welt“. Mit dem Namen trinkreif eröffneten sie 2015 einen Premium-Garagen-Weinhandel, der sich auf Weine spezialisiert, die genau das sind: trinkreif. Denn die Möglichkeit reife Weine zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu trinken, möchten sie teilen und treffen damit genau den Zahn der Zeit.
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